Den ganzen Tag herumtollen, über die saftigen grünen Weiden jagen und leckeren Klee futtern, so sieht im großen und Ganzen das sorgenfreie Leben des kleinen Lamms Chirin aus.
Außer den eindringlichen Warnungen seiner Mutter, sich bitte niemals auf die andere Seite das Zauns zu begeben, weil dort, in den Bergen, der Wolfskönig lebt, gibt es nicht das irgendwie einen bedrohlichen Schatten auf sein Leben wirft.
Doch die schöne Kinderzeit endet für Chirin plötzlich, als seine Mutter bei einem nächtlichen Überfall auf den Stall von einem Wolf getötet wird.
Voll Trauer und Wut verlässt Chirin daraufhin die Herde und das Gehege um sich am Mörder seiner Mutter zu rächen.
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Wenn ich euch folgende kurze Geschichte erzähle, was denkt ihr in welche Art Film würde sie passen?
Seine Eltern werden getötet, als er noch ein Kind ist. Voll Wut und Trauer verlässt er daraufhin seine Heimat um den Mörder seiner Eltern zu jagen und zu töten, doch als er ihm endlich gegenüber steht, muss er erkennen, dass er keine Chance gegen ihn hat.
Daraufhin beginnt er sein schwaches Ich und all die anderen Schwachen in seiner Heimat zu verachten und bittet den Mörder ihn als Schüler auf zu nehmen und ihn stark zu machen. Dieser lehnt allerdings ab mit der Begründung, dass das nie etwas werden würde.
Trotzdem bleibt gibt er nicht auf und folgt dem Mörder überall hin und bittet ihn immer wieder ihn doch als Schüler zu akzeptieren.
Eines Tages sieht er dabei eine andere Familie, die von einem anderen Mörder bedroht wird, und erinnert an seine eigene Situation wirft er sich dazwischen. Damit kann er zwar den anderen Mörder vertreiben, bringt aber aus versehen diejenigen um die er eigentlich retten wollte und ist daraufhin tief verzweifelt.
Doch vom Mörder seiner Eltern erhält er eine Lehrstunde darüber das die Schwachen nun mal sterben müssen, damit die Starken leben können und wird anschließend als dessen Schüler angenommen. Fortan trainieren beide zusammen und aus ihm wird ein äußerst starker Kämpfer, der seinem Meister bald in nichts mehr nachsteht und überall Angst und Schrecken verbreitet. Zu guter letzt bringt ihn sein Meister zurück an den Ort wo alles begann, in seine Heimat, und zusammen überfallen sie sie.
Die Wachen streckt er auch rücksichtslos nieder, doch im Quartier der Zivilisten angekommen holt ihn die Erinnerung an sein eigenes Schicksal ein und er kann die hilflosen Schwachen nicht töten. Stattdessen wendet er sich gegen seinen Meister und tötet diesen im Duell.
Doch die Schwachen in seiner Heimat haben dennoch Angst vor ihm und wollen ihn nicht bei sich haben, zu seinem Meister kann er nun logischer weise auch nicht mehr zurück, also verschwindet er in die Einsamkeit der Berge und ward nie wieder gesehen.
Na was meint ihr?
Ein Kung-Fu Streifen? Ein Samurai-Rache-Drama? Oder vielleicht irgendwas mit Chuck Norris (yeah!)?
Betrachtet man die Story von "Chirin no Suzu" mal so losgelöst vom Film, kann man sich kaum noch vorstellen, dass wir hier einen Trickfilm für eher jüngere Kinder vor uns haben. Manche würden es wohl auch den Grimms-Märchen-Effekt nennen, nur das dort wenigstens die Moral des ganzen noch etwas kompatibler mit unseren westlichen Ansichten ist.
Eigentlich hatte ich mir "Chirin no Suzu" nur auf den visuellen Speiseplan gesetzt, weil mich die dazu gelieferte Inhaltsangabe spontan etwas an den 2006er Anime "Arashi no yoru ni" aka "Stormy Night" erinnerte und ich mal sehen wollte ob dort eventuelle Parallelen mit diesem 78er auszumachen sind. Weitergehend hatte ich mich überhaupt nicht mit "Chirin no Suzu" beschäftigt und war dementsprechend überrascht als die Geschichte nach dem, doch sehr auf kawaii getrimmten und kindgerechten, Anfang plötzlich diese Wendung nahm.
Nun haben sich eventuelle Verbindungen zu "Stormy Night" damit zwar erst einmal erledigt (abgesehen natürlich von einigen Gemeinsamkeiten die bei zwei Geschichten mit derselben Protagonistenkombination Wolf - Lamm kaum zu verhindern sind), aber dafür gibt's ne ordentliche Portion Verwirrung, ob des doch recht ungewöhnlichen Storyverlaufs.
Ein Problem ist hierbei natürlich auch die eher kurze Laufzeit von gerade mal gut 45 Minuten, die bei der doch eher breit angelegten Geschichte (immerhin begleiten wir das Lamm über ca. 3-4 Jahre) etwas auf Eile drängt und so nicht viel Raum für ausgedehnte Charakterentwicklung lässt. In der Tat erscheint alles irgendwie etwas unmotiviert. Wie das Lamm von jetzt auf gleich einen 180° Sinneswandel mitmacht und plötzlich vom Wolf unterrichtet werden will oder auch das ganze Ende. Vieles passiert einfach, ohne das es nun wirklich sinnvoll erscheint und man muss es als Zuschauer dann so hinnehmen. Wobei allein die Verwandlung des Lamms in eine art Killerbestie, die mich mehr an einen Stier als ein ausgewachsenes Schaf erinnert, doch etwas übertrieben scheint. Aber da kommt wieder das kindgerechte durch, das hier für eindeutige Erkennbarkeit sorgen will. Ein kurzes Schmunzeln kam mir in dieser Hinsicht auch gleich zu beginn, als der Wolf die Schafe überfällt, scheinbar nur um sie zu töten, aber nicht etwa zu fressen. Jedenfalls lässt er ihre Leichen völlig unberührt liegen.
Aber was soll ich noch groß über die Geschichte erzählen, sie ist halt einfach etwas holprig und für westliches Befinden doch eher ungewöhnlich in ihrer Moral und Aussage.
Dazu kommt das Alter des Films und die damit einhergehenden, doch sehr altbackenen Zeichnungen, die zwar vom Design her ganz ansprechend, aber nicht sonderlich detailliert und ausgefeilt sind. Auch die Animationen sind recht grob und mit einfachen Mitteln realisiert, was einem besonders bei den Wettereffekten auffällt. In einer weiteren Szene hat man dann auch glattweg die animierten Tiere nicht sorgfältig auf dem statischen Hintergrund platziert, so dass sie beim laufen über dem Boden zu schweben scheinen.
All das wird wohl dafür sorgen das "Chirin no Suzu" kein Ehrenplatz unter den Animes zu Teil und sich dessen Bekannt- und auch Beliebtheit im Westen wohl kaum steigern wird.
Macht aber nichts, denn er hat auch nicht wirklich das Zeug dazu.
Wobei, wegen der eher ungewöhnlichen Wirkung seiner unerwartet verlaufenden Geschichte kann man ihn sich eigentlich doch wenigstens einmal ansehen. Ich bereue es jedenfalls nicht, auch wenn der hinterlassene Eindruck sehr zwiespältig ist.
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